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Änderungen bei MDD-Verfahren auf Grund des Geltungsbeginns der MDR

Die neue MDR löst zum 26.05.2021 die aktuell gültigen Medizinprodukterichtlinien (MDD und AIMDD) ab. Eine entsprechende Änderung des deutschen MPG liegt als Medizinprodukteänderungsgesetz ebenfalls vor. Die genauen Aspekte der MDR, welche im Rahmen von Überwachungsverfahren nach MDD geprüft werden müssen, sind beispielsweise in den Übergangsregeln in Art. 120 MDR dargestellt. Werden diese Anforderungen von einem Hersteller nach dem 25.05.2021 nicht eingehalten, stellt dies eine Abweichung zur anwendbaren gesetzlichen Anforderung dar.  Insbesondere die Anforderungen des Art. 120 (3) MDR sind im QM-System eines Richtlinien-Herstellers umzusetzen: 
 

1. Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Markte-Surveillance - PMS)

2. Vigilanz (Meldung von Vorkommnissen)

3. Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten

 

1. Post-Market-Surveillance (PMS)

Bezüglich der Überwachung nach dem Inverkehrbringen wird vor allem auf die Anforderungen an das PMS-System nach Art. 83 bis 86 MDR sowie den Anhang III der MDR verwiesen. Der Hersteller muss ein PMS-System planen.Für Medizinprodukte der Klasse I muss bei Bedarf ein PMS-Bericht erstellt werden; dieser ist auf Anforderung an die Marktaufsichtsbehörde zu übermitteln (Art. 85 MDR). Für Medizinprodukte der höheren Klasse (IIa, IIb und III) muss ein regelmäßig aktualisierter Sicherheitsbericht (PSUR) erstellt werden (Art. 86 MDR), dieser muss bei der Benannten Stelle eingereicht werden. Fristen für die regelmäßige Aktualisierung und Übermittlung sind in Abhängigkeit der Risikoklasse festgelegt: für MP der Klasse III und IIb jährlich, bzw. für MP der Klasse IIa alle zwei Jahre. Diese Berichte müssen neben der Bewertung der Auswirkungen auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis auch Angaben enthalten, wo die Produkte in Verkehr gebracht werden. Details zum Inhalt der Berichte sind in Artikel 85 und 86 MDR festgelegt.

2. Vigilanz

Die Anforderungen an die Meldung von Vorkommnissen wurden in Art. 87 MDR verschärft. Zum einen lösen die europaweit vereinheitlichten Meldefristen die bisherigen Meldefristen ab:
 

  • 2 Tage bei schwerwiegender Gefahr für die öffentliche Gesundheit.
  • Schwerwiegendes Vorkommnis: Unverzüglich, spätestens jedoch nach 15 Tagen
  • Tod oder unvorhergesehene schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands: Unverzüglich, spätestens jedoch nach 10 Tagen.
     

Zum anderen sind Anforderungen für Sammelmeldungen (Periodic Summary Reporting – Art. 87 (9) MDR) aber auch an das Melden von Trends (Art. 88 MDR) für erwartete Nebenwirkungen oder nicht-schwerwiegende Vorkommnisse festgelegt. Sobald die EUDAMED-Datenbank funktionsfähig ist, müssen die Meldungen darüber erfolgen.

3. Anforderungen an die Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten

Diese sind für Produkte unter der MDD detailliert im MDCG 2019-5 festgelegt. Im Normalfall ist eine Meldung 24 Monate (6 + 18 Monate) nach Verfügbarkeit von EUDAMED vorgesehen. Im Fall von Vorkommnissen oder Korrekturmaßnahmen im Feld, welche vor Ende dieser Übergangsfrist über das EUDAMED-Portal gemeldet werden müssen, jedoch schon früher. Aus der Verpflichtung zur Registrierung von Produkten ergibt sich auch die Verpflichtung zur Registrierung von Herstellern, Importeuren oder Bevollmächtigten nach nationalen Vorgaben. Allgemein wird die Meinung vertreten, dass die Verantwortliche Person (Art. 15 MDR) ab Geltungsbeginn der MDR, also ab dem 25.05.2021, implementiert sein muss.

 

Gültigkeit von Richtlinien-Zertifikaten ab Geltungsbeginn der Verordnung 


Prinzipiell gelten für Zertifikate nach RL 90/385/EWG (AIMDD) RL 93/42/EWG (MDD) sowie nach der RL 98/79/EG (IVDD) die jeweils ausgewiesenen Gültigkeitsdaten und Bedingungen (z.B. Verbindung zwischen Zertifikaten nach Anhang II.4 und den Zertifikaten nach Anhang II ohne 4). Nach Ablauf der Übergangsfristen zur MDR (26.05.2021) sowie zur IVDR (26.05.2022) sind jedoch keine Neuausstellungen oder Änderungen von Zertifikaten nach den bisherigen Richtlinien (AIMDD, MDD und IVDD) mehr möglich. Die Art. 120 Abs. 3 MDR bzw. Art. 110 Abs. 3 IVDR definieren jedoch, dass für das Aufrechterhalten der Zertifikate dieser Produkte keine wesentlichen Änderungen der Auslegung oder Zweckbestimmung vorgenommen werden dürfen. Eine wesentliche Änderung nach dem Ende der Übergangsfrist an einem Produkt, welches auf Basis eines Zertifikats nach einer der beiden Richtlinien (MDD oder IVDD) in Verkehr gebracht wird, führt dazu, dass das ursprüngliche Zertifikat nicht weiter gültig ist. Damit muss die Änderung und damit das gesamte Produkt einem Zertifizierungsverfahren nach MDR unterzogen werden. Davon unberührt ist jedoch die Verpflichtung Änderungen der Benannten Stelle zur Anzeige zu bringen. Die MDCG hat ein Leitlinien-Dokument (MDCG 2020-3) veröffentlicht, welches darlegt, welche Änderungen unter der MDR als „wesentliche Änderungen“ (significant change) interpretiert werden. Dieses Dokument muss bei der Bewertung jeder Änderung hinsichtlich der Auswirkungen auf die bestehende Zertifizierung nach Ende der Übergangsfrist zugrunde gelegt werden.