Neue europäische Verordnungen für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika - Was Hersteller beachten sollten

Nach jahrelangen Verhandlungen wurden am 05. Mai 2017 die neuen Verordnungen für Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) und In-vitro-Diagnostika (In-Vitro Diagnostic Medical Devices Regulation, IVDR) veröffentlicht.  Die neuen Verordnungen lösen die derzeitigen Richtlinien 93/42/EWG, 98/79/EG und 90/385/EG ab.
 

Wesentliche Neuerungen


Im Vergleich zur bisherigen Richtlinie enthält die MDR fast 100 Artikel mehr, die Anzahl der Anhänge steigt von zwölf auf 17. Darüber hinaus enthält die MDR 32 neue durchführende und weitere elf delegierte Rechtsakte.

 

Die wesentlichen Neuerungen beinhalten unter anderem folgende Punkte:

Strengere Vorgaben für die klinische Bewertung und Prüfung
- Detailliertere Regelungen und Vorgaben für Klinische Bewertungen und klinische Prüfungen.
- Umfangreiche Vorgaben für die Post-Market-Surveillance (PMS), die für jedes Produkt durchzuführen ist.

Strenge klinische Überwachung nach dem Inverkehrbringen
- Erweiterung der Befugnisse der Benannten Stellen betreffend der klinischen Überwachung nach dem    Inverkehrbringen.
- Jährliche Berichte über die Sicherheit und Leistung der Produkte durch die Hersteller.

Benennung einer qualifizierten Person
- Benennung einer Person, die für die Erfüllung der regulatorischen  Anforderungen zuständig ist.
- Nachweis der Qualifikation der für die Erfüllung der regulatorischen  Anforderungen zuständigen Person.
- Umsetzung des Systems der einmaligen Produktnummer.
- Vorgaben für ein System der einmaligen Produktnummer (unique device identification, UDI).
- Erweiterung  der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED).

Erweiterte Konsultationsverfahren
- Für  Implantate der Klasse III und aktive Medizinprodukte der Klasse II b zur Verabreichung oder Entfernung von Arzneimitteln muss die Benannte Stelle die Europäische Kommission benachrichtigen, die eine Expertenkommission zur Begutachtung einschalten kann.

Gemeinsame Spezifikationen
- Einführung des Regelungsinstruments der „Gemeinsamen Spezifikationen“ („common specifications“), die sowohl für die Hersteller als auch für die Benannten Stellen Geltung erlangen.
- Diese Spezifikationen gelten zusätzlich zu eventuell vorhandenen harmonisierten Normen.
- Die EU-Kommission behält sich vor, gemeinsame Spezifikationen festzulegen, wenn sie der Meinung ist, dass harmonisierte Normen fehlen oder unzureichend sind.

Klassifizierungssystem für In-vitro Diagnostika
- Ersatz der Listen  der Richtlinie 98/79/EG durch ein regelbasiertes Klassifizierungssystem, wodurch eine Vielzahl von Produkten nun durch eine Benannte Stelle zertifiziert werden muss.

 

Konsequenzen der Verordnungen für Hersteller


Es ergibt sich insbesondere die Konsequenz eines deutlich erhöhten Dokumentationsaufwands für Hersteller. Zudem müssen auch Altprodukte innerhalb der Übergangsfristen einer erneuten Prüfung und Zertifizierung unterzogen werden. Somit werden bis zum Ablauf der Übergangsfristen beide Verordnungen parallel Anwendung finden. 

Nach einer dreijährigen Übergangsfrist ab Mai 2020 (Medizinprodukte) bzw. Mai 2022 (In-vitro Diagnostika) werden die Verordnungen für alle Erst- und Re-Zertifizierungen verpflichtend. Da zunächst eine erneute Benennung der Benannten Stellen erfolgt, können Hersteller voraussichtlich erst Ende 2018/Anfang 2019  ihre Produkte einem Konformitätsbewertungsverfahren nach den Verordnungen unterziehen, was den Zeitraum der Übergangsfrist zusätzlich schmälern wird. Unabhängig davon sollten Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika  mit der Umsetzung der neuen Anforderungen beginnen.

 

Wie wir Sie unterstützen


Um Sie weiterhin als Benannte Stelle zu betreuen, werden wir eine umfassende Benennung unter den neuen Verordnungen beantragen. Wesentliche Inhalte sowie unsere Vorgehensweise werden wir im Rahmen von Kundenveranstaltungen im 2. Halbjahr 2017 vorstellen. Ferner werden wir unser Seminarprogramm ab dem 2. Halbjahr 2017 auf die neuen Verordnungen erweitern.
Die Texte der Verordnungen finden Sie unter folgenden Links:

 

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32017R0745
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32017R0746

 

und in unserem Downloadbereich.