26.05.2021: Geltungsbeginn der neuen Medical Device Regulation

Mit dem 26. Mai 2021 sind die Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (MDD) sowie die Richtlinie 90/385/EWG über aktiv implantierbare Medizinprodukte (AIMDD) Geschichte. Diese beiden Richtlinien werden durch die Europäische Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) abgelöst. Es gibt keine Benannten Stellen nach MDD oder AIMDD mehr und Konformitätserklärungen können nur noch nach der neuen MDR ausgestellt werden. Auf Grund der Natur der Medizinprodukteverordnung (MDR) und der Veröffentlichung als Europäische Verordnung, ist diese unmittelbar geltendes europäisches Recht und benötigt keine weitere Umsetzung in nationales Recht. Das bedeutet aber, dass die nationalen Gesetze – insbesondere das Medizinprodukterecht – entsprechend angepasst und mit dieser Frist umgesetzt werden müssen.


Situation in Deutschland:


Für Produkte, die unter die Europäische Verordnung (EU) 2017/745 fallen, wird in Deutschland das Medizinproduktegesetz (MPG) durch das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG) abgelöst, veröffentlicht im Rahmen des Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetzes (MPEUAnpG). Für in-vitro Diagnostika bleibt das MPG weiterhin gültig.

Im Rahmen des MPDG werden insbesondere nationalstaatliche Vorgänge wie beispielsweise nationale Anzeigepflichten, Verfahren zur Einstufung von Produkten sowie die nationale Möglichkeit von Sonderzulassungen, Sonderanfertigungen und angepasste Produkte aber auch Verfahren bei der Beendigung der Geschäftstätigkeit eines Herstellers festgelegt. Weitere spezifische Anforderungen betreffen das Betreiben und Anwenden von Produkten sowie nationale Strafregelungen im Fall von Verstößen gegen die Verordnung. Ein eigenes Kapitel (Kapitel 3, §§ 17 bis 23) befasst sich mit den Benannten Stellen bzw. Prüflaboratorien. Der größte Teil des MPDG befasst sich jedoch mit den Anforderungen an klinische Prüfungen bzw. die eingesetzten Prüfprodukte (Kapitel 4, §§ 24 bis 70).

Ebenso sind über die Festlegungen und Fristen der MDR hinausgehende nationalen Anforderungen zur Meldung von Vorkommnissen und die Marktüberwachung genauer festgelegt (Kapitel 5, §§ 71 bis 82). Die ausschließlich nationalen Anforderungen an Medizinprodukteberater sind ebenso weiterhin im MPDG geregelt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass auch einige nationale Verordnungen entsprechend angepasst werden. Die Anpassungen sind dabei sehr unterschiedlich: Während die Medizinproduktebetreiber-Verordnung (MPBetreibVO) primär an das zugrunde liegende Gesetz angepasst wird, wird beispielsweise die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) durch die neue Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) ersetzt. Diese Anpassung ist auf Grund der neu festgelegten Meldeverpflichtungen in der MDR notwendig geworden.


Situation in Österreich:


Auch in Österreich wird das Medizinproduktegesetz (MPG) eine neue Fassung in Form des MPG 2021 erhalten. Ein erster Entwurf ist bereits verfügbar.

Die Anpassungen sind insbesondere erforderlich, um das jeweilige nationale MPG an die neuen, rechtsverbindlichen Festlegungen auf eine europäische Ebene in Form der MDR bzw. IVDR anzupassen.

 

Situation in der Schweiz:


Die Situation in der Schweiz ist deutlich komplexer. Nachdem die Schweiz kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, ist diese a priori als Drittstaat anzusehen. Bislang gab es zwischenstaatliche Verträge (sog. Mutual Recognition Agreements) zwischen der EU und der Schweiz, welche einen einheitlichen Marktzugang für Medizinprodukte gewährleisteten. Die aktuell bestehenden Vereinbarungen beziehen sich jedoch auf die europäischen Richtlinien (AIMDD, MDD und IVDD). Die neuen Verordnungen (MDR und IVDR) sind davon derzeit nicht erfasst.


Wie der Schweizer Medizintechnikverband mitteilt, ist derzeit eine fristgerechte politische Einigung nicht sichergestellt. In Vorbereitung dazu hat die Schweiz die neue Schweizerische Medizinprodukteverordnung (Eventual-MepV) vorbereitet. Für die Schweizer Medizinproduktebranche bedeutet dies große Änderungen für den Export wie auch für den Import. So müssen Hersteller aus der Schweiz die Anforderungen eines Drittland-Herstellers erfüllen, um unter der MDR Produkte in der EU in Verkehr bringen zu dürfen. Dazu gehören im Wesentlichen die Benennung eines Europäischen Bevollmächtigten und das entsprechende Labeling. Sicher gelten diese Anforderungen für Produkte unter der MDR sowie alle Klasse I-Produkte. Derzeit kann jedoch ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass dies auch für Produkte unter einem gültigen MDD-Zertifikat gilt.

Aber auch beim Export von Produkten in die Schweiz müssen Importeure die Anforderungen der schweizerischen Eventual-MepV erfüllen, um Produkte in die Schweiz in Verkehr bringen zu dürfen. Dazu gehören im Wesentlichen die Benennung eines Schweizerischen Bevollmächtigten durch den Hersteller und das entsprechende Labeling – Übergangsfristen sind abgestuft nach der Risikoklasse beginnend mit Ende 2021. Des Weiteren müssen nationale Registrier- und Meldepflichten oder Verpflichtungen für den schweizerischen Bevollmächtigten und die Bereitstellung des SSCP erfüllt werden.

Zu beachten ist, dass auf Grund der längeren Übergangsfristen die Richtlinie 98/79/EG (IVDD) und - ausschließlich für In-vitro-Diagnostika - auch das aktuelle Medizinproduktegesetz noch bis zum 26. Mai 2022 anwendbares Recht bleiben.